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Foto: Sora Shimazak (Pexels)

06. 09.

Was bleibt vom Grundrecht auf Suizidhilfe?

Online-Vortrag von Prof. Dr. Bernd Hecker beim Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen

In seinem Urteil vom 26.02.2020 hat das BVerfG das Recht auf selbstbestimmtes Sterben unter den Schutz der Grundrechte gestellt. Das Recht des zur Eigenverantwortung fähigen Menschen, sein Leben durch Selbsttötung zu beenden, umfasst auch die Freiheit, hierfür die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Während die große Mehrheit der Bürger diese Freiheitsgewährleistung als rechtsstaatliche Errungenschaft begrüßt, wird sie von Teilen der Politik als Bedrohung wahrgenommen. Im Juni beriet der Deutsche Bundestag in Erster Lesung drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zur Neuregulierung der Sterbehilfe, von denen der "Castellucci / Mützenich"-Entwurf, der erneut ein strafrechtliches Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vorsieht, die größte Zustimmung erhielt. Strafrechtler Bernd Hecker unterzieht diesen Gesetzentwurf einer straf- und verfassungsrechtlichen Bewertung.

Über die drei fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfe soll noch in diesem Jahr abschließend beraten und entschieden werden. Es steht zu erwarten, dass der von zahlreichen prominenten Politikern unterstützte Gesetzentwurf BT- Drs. 20/904 [Castellucci / Mützenich] eine parlamentarische Mehrheit finden wird. Dieser sieht ein strafrechtliches Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch Wiedereinführung des § 217 Abs. 1 StGB vor, der wortgleich der vom BVerfG für nichtig erklärten Vorläuferbestimmung entspricht. In einem neuen § 217 Abs. 2 StGB wird die geschäftsmäßige Suizidhilfe jedoch als „nicht rechtswidrig“ eingestuft, wenn die suizidwillige Person zuvor ein anspruchsvolles Procedere „kumulativ und iterativ“ durchlaufen hat.

Das prozedurale Schutzkonzept sieht vor, dass sich eine suizidwillige Person mindestens zwei Mal im Abstand von mindestens drei Monaten fachpsychiatrisch untersuchen lässt und mindestens an einem „individuell angepassten, umfassenden und ergebnisoffenen“ Beratungsgespräch auf der Grundlage eines „multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatzes“ teilnehmen muss. Nach der letzten fachpsychiatrischen Untersuchung muss die suizidwillige Person bis zur Umsetzung ihres Vorhabens noch eine Mindestwartezeit von zwei Wochen einhalten. Wird der Suizid nicht innerhalb einer Verfallsfrist von zwei Monaten seit der letzten fachpsychiatrischen Untersuchung begangen, entfällt die Straffreistellung.

Flankiert werden soll § 217 StGB von einem neuen § 217a StGB, der – nach dem Modell des inzwischen vom Gesetzgeber aufgehobenen § 219a StGB – die „Werbung für die Förderung der Selbsttötung“ mit Strafe bedroht.

Im Vortrag geht Prof. Dr. Bernd Hecker (Eberhard Karls Universität Tübingen) der Frage nach, ob die in §§ 217, 217a StGB-E vorgesehenen Straftatbestände im Lichte des BVerfG-Urt. v. 26.02.2020 vor dem Grundgesetz Bestand haben. Sie sollen daher einer strafrechtsdogmatischen Analyse und verfassungsrechtlichen Bewertung unterzogen werden.

Teilnahmevoraussetzungen: Für die Teilnahme ist eine Anmeldung bis zum 02. September per Webformular erforderlich. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstaltung erfolgt digital per Videokonferenz. Eine Zusendung des Zugangslinks erfolgt rechtzeitig vor der Veranstaltung, regelhaft am vorhergehenden Tag.